Fachkräftemangel (FK-Mangel)
Was ist das? Als Ansatz für die Beantwortung dieser Frage sollte man annehmen, dass Fachkräftemangel herrscht, wenn für bestimmte Arbeitsplätze auf dem Arbeitsmarkt nicht genügend Arbeitssuchende mit entsprechender Qualifikation vorhanden sind, um die vorhandene Stelle adäquat zu besetzen. Die Realität sieht so aus, dass offiziell Fachkräftemangel herrscht, wenn auf eine offene Stelle weniger als 80 potentielle Bewerber kommen.
Natürlich hätten die Unternehmen auch die Möglichkeit Arbeitnehmer für die Besetzung offener Stellen in Betracht zu ziehen, die älter als 40 Jahre sind, was entgegen der Behauptungen aus der Politik leider immer noch zu wenig geschieht und wenn, dann meist nur mit Minijobs. Warum also sind die Älteren immer noch außen vor?
Gängige Vorurteile gegen ältere Arbeitnehmer:
- Zu hohes Gehalt
- gesundheitliche Ausfälle wegen Erkrankungen oder im Erwerbsleben zugezogener Langzeitschäden
- nicht aktuelles, berufsspezifisches Wissen bei mangelnder Weiterbildungsbereitschaft
- mangelnde Flexibilität
Ein im Vergleich zu jüngeren Arbeitnehmern relativ hohes Gehalt ist für den dafür gebotenen Wissens- und Erfahrungsschatz durchaus angemessen, während bei jüngeren das Risiko der Überforderung besteht, da deren Wissen und Kenntnisse eher theoretischer Natur sind und nicht prozessspezifisch. Zudem ist die Ausbildungsqualität bei jüngeren Arbeitnehmern in der Regel schlechter. Jüngere neigen auch eher zu häufigen, jedoch kurzfristigen Erkrankungen.
Aus eigener Anschauung durch die Aufnahme eines berufsbegleitenden, technischen Studiums in relativ hohem Alter weiß ich auch, dass das aktuelle Wissen vielleicht minimal anders ist, sich die Prinzipien aber nicht so sehr geändert haben, dass ältere hoffnungslos unterlegen wären (z.B. wer Fortran 77 gelernt hat, lernt auch relativ schnell C++; IC´s sind zwar höher integriert, funktionieren aber immer noch nach dem gleichen Prinzip; die Timerbausteine NE555 und NE556 sind bereits seit 1972 auf dem Markt!). Mangelnde Flexibilität bei älteren (falls es diese wirklich gibt, was ich bezweifle) wird mit erhöhter Fluktuation bei jüngeren beantwortet. Kontinuität sieht anders aus.
Dazu kommt, dass die Arbeitgeber in Deutschland titelgeil sind. Viele gehen davon aus, dass Studierte mehr wissen und mehr können als der normale Arbeitnehmer. Das ist jedoch nicht der Realität entsprechend, zumal die sich häufenden Plagiatsaffären und aberkannten Doktortitel der letzten Zeit eine deutlich andere Sprache sprechen. Zudem sind die Studienabschlüsse seit mindestens 30 Jahren praktisch ohne großen Aufwand erreichbar. Davor Respekt zu haben ist unangebracht. Durch Corona kommen mittlerweile, bis auf wenige Ausnahmen, alle durch ihr Wunschstudium.
Wie immer dürfte der gesunde Mix für ein Unternehmen in der Mitte, sprich einer ausgewogenen Altersstruktur liegen (wie eigentlich überall). Die Betriebskennzahl des Monats sollte also mithin nicht Ü40 = 0 lauten.
Wie unter Berufsbildung aufgelistet existieren vielfältige, nahezu äquivalente Ausbildungen und Ausbildungstypen, so dass bei einer höheren Flexibilität seitens der Arbeitgeber Fachkräftemangel gar kein Thema sein sollte.
Es gibt allerdings eindeutig einen Mangel an potenziellen Mitarbeitern, welche mit einem Teilzeitjob, oder befristeten Verträgen zufrieden wären und die am besten noch Geld mitbringen. Die wachsende Zahl befristeter Arbeitsplätze und vor allem die große Zahl an sogenannten Minijobs ist nicht kompatibel zu einem Fachkräftemangel.
Kann es wirklich sein, dass von rund 2,7 Millionen Arbeitslosen niemand "Fachkraft" ist? Kann man denn bei angeblich 1,3 Millionen offenen Stellen wirklich keine ausreichende Zahl an Fachkräften rekrutieren? Einige Branchen haben während der COVID-Pandemie ihre Arbeitnehmer schlecht behandelt und entlassen und wundern sich nun, dass die Arbeitnehmer nicht zurück kommen wollen, da sie zwischenzeitlich Jobs gefunden haben, die besser bezahlt werden und die bessere Arbeitsbedingungen bieten. Dieses jetzt durch unkontrollierte Zuwanderung ausgleichen zu wollen dürfte schwieriger sein, als unsere Politiker sich vorstellen können. Einmal existiert die Sprachbarriere; Deutsch ist nun einmal nicht leicht zu lernen. Und Studienabschlüsse bzw. Ausbildungen sind in den wenigsten Fällen vergleichbar. Was nützt ein Bachelor, der nicht einmal Facharbeiterniveau mitbringt? Ist es nicht am Ende besser, wenn man zuerst auf die Ressourcen im Inland zugreift? So viele arbeitsunfähige Dumme gibt es in Deutschland bestimmt nicht. Und warum wohl wollen aus dem europäischen Ausland (da herrscht bereits Freizügigkeit bei der Arbeitsplatzwahl) so wenige "Fachkräfte" zu uns kommen? Bestimmt nicht, weil die Arbeitsbedingungen bei uns so super sind.